In den letzten beiden Jahren hat sich auf dem Sektor der Netzteilverkabelung einiges getan. Jenseits von "Effizienz" und "Lautstärke" wollen die Hersteller die Käufer vor allem mit einem "aufgeräumten" Kabelmanagement überzeugen: Kabelbäume verschwinden darum immer öfter zugunsten von Steckern. Der Anwender soll also nur noch die Kabel im Gehäuse unterbringen müssen, die er tatsächlich benötigt. Das schafft Platz im Gehäuse und sorgt obendrein für ein aufgeräumtes Innenleben. Die Techniker unter uns werden aber nicht zu unrecht anmerken, dass "mehr Steckverbinder" auch immer für mehr potenzielle Fehlerquellen sorgen. Zudem kosten Buchsen und Kabelverbindungen auch mehr als die trivial im Netzteil verlötete Kabelpeitschen. Andererseits ermöglichen Netzteile mit konsequentem Kabelmanagement aber auch eine effektivere und vor allem weniger fehlerträchtige Fertigung. Jede einzelne Ader muss bei der Herstellung schließlich von Hand ins richtige Loch auf der Platine gesteckt werden. Nach dem Verlöten kommt dann meist noch eine manuelle Inspektion hinzu. Diese Fehlerquelle in der Produktion erspart sich beispielsweise Seasonic inzwischen bei einigen Netzteilmodellen, in dem alle Kabel, also auch der Kabelbaum zum Mainboard, über Steckverbinder aus dem Netzteil herausgeführt werden. Durch diese physische Abkoppelung des Hauptkabelstrangs wird mehr Platinen-und Lötsicherheit erreicht, da weniger großvolumige Kaltlötstellen existieren, was wiederum mögliche Spannungsabfälle reduziert und Bruchstellen minimiert. Genau dies ist auch die Intention, die dahinter steckt, also durchaus kein optischer Voodoo, sondern technisches Kalkül.
Selbstverständlich spielt hier auch die Qualität der einzelnen Kabelstränge eine wesentliche Rolle, dem Einen sind die Kabelstränge nicht aufwendig genug gesleeved (ummantelt), darum legt man gern selbst Hand an und sleeved die Kabel mit den inzwischen kaum noch überschaubaren Angeboten in allen erdenkbaren Farbschattierungen aus diesem Bereich. Anderen Kunden sind die Werkskabel zu steif, deswegen bevorzugt diese Käuferkategorie lieber lange ungesleevte Kabel anstelle der eng gesleevten Kabelstänge eines Kabelmanagements. Wie die Hersteller es auch anlegen, irgend etwas findet sich immer als Kritikpunkt. Wir lassen diese müßige Diskussion mal beiseite und stellen davon unbenommen noch einmal zwei Fakten in den Raum:
1. zusätzliche Platinen und Anschlüsse stellen nicht nur einen deutlich höheren Fertigungsaufwand und zusätzlichen Kostenfaktor dar, sondern erhöhen auch u.U. das Risko von korrosionsbedingten Spannungsreduzierungen.
2. wenn viele Geräte versorgt werden müssen, werden dementsprechend viele Kabelstränge verlegt und damit geht der optisch/logistische Vorteil verloren. Das wird keinen davon abhalten, auch weiterhin Kabelmanagement zu fordern, denn es ist trendy, sieht gut aus und suggeriert etwas wertiges gekauft zu haben. Insofern ist diese Diskussion auch mehr oder weniger müßig, weil sie entscheidend vom individuellen Geschmack geprägt ist.
• 3x 4-Pin Molex (PATA) Stromanschlüsse (66cm lang, nativ)
• 2x S-ATA Connectoren (51cm lang, nativ)
• 2x S-ATA Connectoren (63cm lang, nativ)
• 1x PCI-Express 6-pin Stromanschluß (56cm lang, nativ)
• 1x 8-pin ATX12V/EPS12V (in 4+4 auftrennbar, 55cm lang, nativ)
• 1x 24 Pin Mainboard-Stromanschluß (20+4 auftrennbar, 51cm lang, nativ)
Unverkennbar hat Seasonic bei diesem Modell also auf eine modulare Auslegenung der Verkabelung verzichtet. Das ist aber nicht das Problem, das Problem ist die Bestückung: einerseits fehlt ein 4-pin Molex zu FDD Adapter, ohne den beispielsweise Cardreader, spezielle Soundkarten und Floppy Laufwerke icht zu betreiben sind. Andererseits bietet Seasonic nur einen 6-pin Stecker für die Verkabelung einer dezidierten Grafikkarte auf, was die Auswahl enorm einschränkt. be quiet implementiert an dieser Stelle für das Straight Power E9 400Watt immerhin 1x PCI-Express 6+2-pin und PCI-Express 6-pin Stromanschluß. Darüber hinaus auch 5 S-ATA Anschlüsse nebst einem 1x FDD Stromanschluss. So etwas hätten wir uns auch für das Seasonic G-360 gewünscht. An der Länge der jeweiligen Kabelstränge gäbe es relativ wenig auszusetzen, die ist auch zwingend erforderlich, denn die Kabelwege verlängern sich, wenn das Netzteil möglicherweise im PC-Gehäuseboden verschraubt wird. Wer das Netzteil in sehr große Bigtower einbauen möchte, könnte trotzdem durchaus in die Verlegenheit kommen, den einen oder anderen Strang verlängern zu müssen. Die drei 4-pin Molex Stecker verfügen über eine sehr praktikable Herausziehhilfe und haben durchaus noch ihre Daseinsbrechtigung. Wenn jemand zwei Gehäuselüfter und seine Lüftersteuerung verkabeln muß, sind in der Regel die ersten drei Molex Stecker belegt. Kommt eine Wasserkühlung hinzu, erhöht sich der Bedarf noch weiter, ergo ist es unsererseits nicht einzusehen, warum einige Hersteller diese Stecker inzwischen rationalisieren. Ein Stromanschluß für Floppy-Laufwerke fehlt wie bereits erwähnt. Dabei sollte man berücksichtigen, das diese Stromstecker nicht nur für die vermeintlich antiquierten Floppy-Laufwerke Verwendung finden, auch aktuelle Highend Soundkarten (z.B. Asus Xonar) werden über diese physische Schnittstelle mit Strom versorgt. Die hohe Qualität der Kabelummantelungen wurde von Seasonic beibehalten, die Schrumpfschläche wurden nicht zu dicht an den Steckern angebracht, so daß eine gewisse Grundflexibilität nach wie vor gegeben ist. Diese deklarieren wir ohnehin als hoch, da existieren auf dem Netzteil Markt möglicherweise optisch ansprechendere und engmaschigere Sleeves, die haben in der Regel aber auch den Nachteil einer geringen Flexibilität, was beim Verlegen der Kabel sehr schnell nerven kann.
Bevor wir uns die verbaute Elektronik etwas detaillierter anschauen, möchten wir euch unseren Spezialartikel zu diesem Thema offerieren, damit wir dieses Review nicht mit Basics verstopfen:
In dem verlinkten Artikel erfahrt ihr auch alles zum Thema DC-to-DC, LLC-Resonanzwandler und auch das Thema Polymer-Aluminium-Kondensatoren findet dort eine entsprechende Berücksichtigung, so daß wir euch diese Schlenker hier ersparen:
Die sichtbare Topologie des G-360 Netzteils erinnert oberflächlich betrachtet an die früheren S12/M12 II Serien, tatsächlich hinken diese Vergleiche gewaltig, denn diese Serien verfügten weder über DC-to-DC Technik, noch über LLC-Resonanzwandler. Diese älteren Baureihen waren gruppenreguliert konzipiert und das ist glücklicherweise Schnee von gestern. Seasonic setzt bei der G-Series auf die aktuell sehr populäre und auch preistechnisch attraktive Half-Bridge-Topologie, die sich wie der Name vermuten läßt, von einer Fullbridge-Topologie unterscheidet. Der Begriff beschreibt die Anzahl an Mosfets (Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor) die dafür verantwortlich zeichnen, hochfrequente Wechselspannung zu generieren. Diese Art der Spannung besitzt den besten Wirkungsgrad bei der Haupttransformation. Vereinfacht formuliert: Half Bridge bedeutet, dass zwei Mosfets zum Einsatz kommen, bei Full Bridge werden dementsprechend vier Mosfets verwendet. Darüber hinaus kommen LLC-Resonanzwandler und natürlich auch DC-to-DC Technik zum Einsatz. Das Netzteil verfügt über insgesamt vier Platinen, wobei die Hauptplatine in der Güteklasse FR3 gefertigt wurde, also Epoxidharz + Papier. High End stellt das zwar nicht dar, aber zumindest frei von Phenolharz und dementsprechend auch frei von gesundheitsschädlichen Aldehyden. Unangenehm riechen kann diese verbesserte Mixtur anfangs trotzdem, was in unserem Test aber nicht der Fall war. Dazu noch ein paar Infos: FR4 und FR5 Platinen besitzen eine bessere Kriechstromfestigkeit und bessere Hochfrequenzeigenschaften. FR steht übrigens für flame retardant, zu deutsch: flammenhemmend. Die vier kleinen Tochterplatinen entsprechen der Gütekategorie FR4, was wir insgeheim auch für die Hauptplatine erwartet hätten. Dafür stimmt aber die Lötqualität, auch wenn Seasonic dies natürlich noch viel besser kann, nur eben nicht in diesem Preisgefüge. Kommen wir jetzt etwas detaillierter zum Layout unseres Testobjekts: die AC-Eingangsfilterung beginnt in ihrer kausalen Abfolge kurz hinter dem Netzschalter mit vier X-und einem Y-Kondensator sowie einer Spule. Die dafür notwendige kleine Platine wird zusätzlich von einer kleinen Kupferplatte abgeschirmt. Ergänzt wird dies auf der Hauptplatine durch zwei weitere Y-Kondensatoren, einem X-Kondensator, einer und einem MOV (Metal Oxyd Varistor), sowie eine Sicherung und ein Thermistor, der als thermischer Schutz zur Begrenzung des Einschaltstroms fungiert, wenn auch diesmal ohne Relaisschaltung. Interessant sind in dieser Region noch die Gleichrichterbrücke von Taitron (GBU10JL) mit eigenem relativ üppigem Kühlkörper, sowie die Spule des Primärstromkreises. Die Spulen verfügen über sogenannte Spulenstrümpfe, die Schwingungen minimieren sollen, hier und dort sind Siliconkleckse zu sehen, die als Stabilisator für potentielle Wackelkandidaten dienen sollen.
Der große blaue primäre Kondensator stammt aus dem Hause Hitachi, ist bis 105°C spezifiziert und verfügt über 270mF Kapazität, sowie 420 Volt Spannungsfestigkeit. Der Active PFC Bereich wird von einer Cree Leistungsdiode (C3D06060) und einem Infineon IPP60R199CP Mosfet dominiert. Als Steuerungselement fungiert der ICE3PCS01 Controller von Infineon. Für die Umsetzung der Half-Bridge-Topologie setzt Seasonic auf zwei Mosfets von MagnaChip (P18N50C). Das Steuerungselement für die LLC-Resonanzwandlung (Infineon ICE2HS01G) finden wir ebenso auf der großen Tochterplatine wie den PFC Controller von Infineon (3PCS01). Der sekundäre Bereich des G-360 Netzteils ist überwiegend von traditionellen Elkos aus den Fertigungsstätten von Nippon-Chemicon und Rubycon geprägt, wobei wir auch einige Feststoff Kondensatoren von Enesol finden. Die beiden Leistungstransistoren (Mosfets ersetzen hier die sonst üblichen Schottkeys) zur Generierung der 12Volt Schienen stammen von der Philips Tochter NXP (PSMN2R6-40YS). Die VRMs zur Erzeugung der 3,3 und 5 Volt Schienen thronen auf einer einzigen Tochterplatine, umgeben von Feststoffkondensatoren, zwei Spulen und dem ANPEC APW7159 als zentraler Steuereinheit. Die OVP und UVP Absicherung übernimmt ein HY510N Chip aus China, den wir normalerweise in deutlich billigeren Netzteilen antreffen, was uns an dieser Stelle dann schon etwas überraschte. Über die Verarbeitung im Inneren des Netzteils gibt es ansonsten wenig auszusetzen, akkurat wie von Seasonic gewohnt.