Geschrieben von Cerberus am 09.02.2006 um 11:51:
Spaßbremse Internet?
Spaßbremse Internet?
Es ist schon erstaunlich, was für Blüten das Internet und seine angeschlossenen Medien treiben und was dies für uns Webseitenbetreiber und Fachjournalisten tagtäglich bedeutet....
Damit wir uns gleich richtig verstehen,
dies ist meine persönliche Meinung, Übereinstimmungen wären demnach rein zufällig, oder doch nicht?
Aber der Reihe nach...
Abmahnung und Konsorten
Da werden in Deutschland Webseiten mit deutlich steigender Tendenz abgemahnt, weil sie auf illegale Tools und Applikationen verlinkt haben, oder sogar explizit darüber berichten. Ob nun wissentlich oder nicht, spielt dabei zunächst keine Rolle. Natürlich ist das nicht korrekt, aber warum gibt man diesen Webseiten nicht die Chance, ihre Fehler zu korrigieren?
Bisher ist dieser Kelch noch an uns vorübergegangen, aber wer weiß was sich findige Abkassierer als nächstes einfallen lassen...
Abgemahnt werden auch Nicknames, die geschützte Markennamen oder öffentliche Personen tangieren. Darüber hinaus werden mittlerweile auch Avatare moniert, die auf urheberrechtlich geschütztem Material basieren.
Alles nachvollziehbar, aber wer soll das bitte kontrollieren?
Unser Team und meine Wenigkeit verbringen mittlerweile notgedrungen einen Großteil unserer Zeit damit, dies zu bewerkstelligen. Die Folge: Avatare haben wir inzwischen gänzlich abgeschafft und unsere Forenregeln umfassen aktuell 20.000 Zeichen, zumal wir uns ohnehin sehr regide an die Gesetzesvorgaben halten.
All dies hält uns von unserer eigentlichen Intention ab, dem Artikel schreiben und der Userunterstützung...
Warum werden Printmedien nicht gleichermaßen abgestraft, denen keine Peinlichkeit zu schade ist, um die Auflage zu erhöhen und darum immer wieder auf entsprechende Programme verweisen und berichten?
Warum wird hier mit zweierlei Maß gemessen?
gleiches Recht für Alle? oder sind wieder einige gleicher als Andere?
Der Foren-Test
Da suchen Redakteure der Computerbild einige deutsche Foren heim und glauben auf Grund von 5 relativ praxisnahen Fragen einen repräsentativen Überblick über das jeweilige Forum zu erhalten und dies dann auch noch bewerten zu dürfen...
Aber schauen wir uns doch mal partielle Details an:
1. Positiv bewertet wird z.B. die Schnelligkeit der Antworten auf die Fragen...
Aha, jetzt wirds gemischt, denn alle privat betriebenen Foren sind natürlich automatisch auch Supporthotlines, die unverzüglich auf gestellte Fragen zu antworten haben...
Kein Problem, denn niemand der fleißigen Helfern hat ja einen Job und im Übrigen sitzen wir alle 28 Stunden am Tag vor dem Rechner und rücken permanent auf F5, damit uns auch ja keine Frage entgeht.
Die Rechnung für die Behandlung des inzwischen verstümmelten Mittelfingers können wir direkt mit Ulla Schmidt abrechnen, ein nicht zu verachtender Bonus...
2. Positiv bewertet wird auch, wenn wenig ->im Idealfall überhaupt keine Werbung vorhanden ist....
Nun gut, Popups und ähnlich aufdringliche Werbung empfinde ich auch als extrem störend, aber was glauben die Redakteure eigentlich, wie sich so eine Webseite finanziert? durch Handauflegen oder Tischerücken?
Ein für mich beinahe schon absurdes Kriterium der Bewertung, ergo ebenfalls indiskutabel...
Es gäbe noch einige weitere diskussionswürdige Aspekte aus dem Test, über die man trefflich streiten könnte, aber eines empfinde ich nicht nur als praxisfremd, sondern auch als höchst unseriös:
Wenn wir Artikel oder Tests schreiben, wird vor der Veröffentlichung der zuständige Ansprechpartner des Herstellers kontaktiert und über das Ergebnis informiert. Warum? ganz einfach, weil wir so bereits einen ersten Informationsaustausch gewährleisten, der besonders bei gravierenden Produktmängeln im schlechtesten Fall nur eine entsprechende Stellungnahme und im besten Fall einen sofortigen Eingriff in die laufende Produktion provoziert, wie man im Fall
dieses Tagan Netzteils
unschwer nachvollziehen kann.
Nicht so die Computerbild...
von dem Test haben wir per Zufall erfahren und bis heute weder eine Email oder anders geartete Nachricht erhalten...
Nun können wir uns zugebenermaßen über den 2. Platz (der rein rechnerisch ein 1. ist, denn addieren können die Redakteure von CB auch nicht) in dem Test nicht wirklich beklagen, aber darum geht es mir nicht. Fakt ist, das dieser Test keinen wirklichen journalistischen Background hat, weil zu dem gehört Recherche und den haben die Redakteure nicht betrieben. Man hätte z.B. mal im Vorwege einen Forenbetreiber zu den täglichen Unwegbarkeiten dieses Mediums befragen können, damit überhaupt mal ansatzweise klar wird, womit wir uns tagtäglich herumzuschlagen haben...
Mehr als zweifelhaft stellt sich auch die bestenfalls rudimentäre Beschäftigung mit der jeweilig getesteten Webseite dar. Um wenigstens ansatzweise einen Überblick bezüglich des vorhandenen Knowhows zu erlangen, sollte man sich schon etwas intensiver umsehen und die vorhandenen Wissens-und Artikelressourcen auch entsprechend verifizieren.
Als Fazit bleibt wieder ein mehr als fader Beigeschmack und die schon fast obligatorische Frage nach zweierlei Maß der Bewertung, denn die Computerbild finanziert sich nicht zuletzt durch inflationär verabreichte Werbung in ihren Heften, die wohl mittlerweile bei 50% des Inhaltes liegt. Ein Privileg, das man Foren natürlich nicht zubilligt...
Journalistische Freiheit mit Stotterbremse...
Unsere dritte Kategorie befaßt sich mit einem besonders ernstem Thema, nämlich der real existierenden journalistischen Freiheit, sofern vorhanden...
Wie jede wirklich unabhängige Webseite, behalten auch wir uns das journalistische Recht vor, real existierende Fakten zu Papier (auf die Webseite) zu bringen.
Dies war so und daran wird sich auch in der Zukunft nichts ändern...
Nun sah dies ein ehemaliger Werbepartner etwas anders, denn für seinen Geschmack fielen unsere Reviews seiner Produkte zu negativ aus.
Nun gut, diese Meinung kann man ja vertreten und wird von uns auch respektiert. Akzeptieren können wir sie allerdings in keinem Fall, denn wenn wir Schwachstellen aufzeigen, sollte dies Anlaß genug sein, bestehende Mängel zu beheben, um das Produkt zu verbessern.
Weit gefehlt, denn dieser Hersteller nahm unsere Kritik zum Anlaß, uns die "Freundschaft" aufzukündigen und künftig Webseiten zu beliefern, die "adäquatere" Tests schreiben, sprich bessere Werbebroschüren...
Wer nun denkt, das wären Einzelfälle, der irrt. Aus Gesprächen mit anderen Webseitenbetreibern wissen wir von ähnlich gelagerten Fällen.
Glücklicherweise sehen aber die Mehrzahl unserer Werbepartner diese Thematik analog zu uns und so wurde in der Vergangenheit in Kooperation mit unserer und anderen Redaktionen einiges an Modellpflege und Problembeseitigung betrieben.
Natürlich erzeugt ein postives Review einen anderen Werbeeffekt als ein negatives, wobei man zunächst erst einmal definieren sollte, was negativ fertig ausdifferenziert bedeutet.
Konstruktive Kritik sollte grundsätzlich eine Verbesserung von was auch immer bewirken, im unserem Fall also eine Verbesserung oder Mängelbeseitigung am fertigen Produkt.
Für mich als jahrzehntelanger Dienstleister, ist exakt dies der Idealfall, denn nur so kann man Produkte entscheidend verbessern.
Leider verstehen nicht alle kontruktive Kritik auch als solche, sondern sehen in ihrem begrenzten Horizont nur den negativen Beigeschmack, der tatsächlich gar nicht existiert.
Gut der Begriff konstruktive Kritik ist eventuell auch schon etwas antiquiert, mir persönlich gefällt die Formulierung lösungsorientiertes Denken auch besser, zumal es den Kern der Sache doch eher trifft.
Aber zurück zum eigentlichen Thema,
wenn wir nun ein Produkt unberechtigterweise in den Himmel loben und Wochen später wird dieses unisono in den Foren oder wo auch immer zerrissen, weil es schlicht und wenig ergreifend nichts taugt, wer hat dann den schwarzen Peter? richtig >wir haben ihn >"wir konntet ihr nur solchen Stuss schreiben, das stimmt doch alle garnicht" usw. usw.
Der Hersteller lehnt sich derweil genüsslich zurück und bessert im Verborgenen nach, man hat ja noch ein Ass im Ärmel...
Was ist eure künftige Intention?
Sie unterscheidet sich in keiner Weise von der Bisherigen, wir wollen auf möglichst hohem Niveau dem User in unseren Tests und Artikeln Produkte empfehlen, die auch wir selbst ohne Ausnahme kaufen und einsetzen würden...
Quintessenz:
Wir werden weiterhin genau das schreiben, was wir verifizieren und zwar ohne Ausnahme, wer das diskreditiert, entlarvt sich selbst.
Werbeprospekte werden auch künftig nicht von PC-Experience verteilt, diese "Reviews" in Form von Werbe-Broschüren erhaltet ihr woanders...
Schlußbetrachtung
Manchmal fragt man sich wirklich, ob man sich bei all den Unwegbarkeiten und künstlich erzeugten Stolpersteinen, diese "Spielchen" überhaupt noch antun muß oder sollte. Denn eines sei nochmal deutlich unterstrichen, wir arbeiten unentgeltlich und in unserer Freizeit, um hilfebedürftigen Usern den Umgang mit ihren Rechnern zu erleichtern. Wie gut dies funktioniert, beweisen täglich Mails dankbarer User und das Feedback in unserem Forum. Das gibt uns die Kraft, das Tagesgeschäft zu bewältigen.
Die immer mal wieder heuschreckenartig auftretende Überfälle von Forentrollen und anderer updateressistener Kreaturen sind das deutlich kleinere Übel und tangieren uns allenfalls peripher, da wir ihnen höchstens die Halbwertzeit eines Frühstückseis zugestehen...
Wo liegt denn eigentlich das Problem?
Auch diese Frage ist relativ leicht zu beantworten, wir haben keine Lobby für unser Tun und Handeln. Wenn diese existieren würde, wären wir nicht permanent Freiwild für abmahnträchtige Abzocker und andere Spaßverderber, denn der Spaß bleibt auf der Strecke, auch wenn
wir uns nicht unterkriegen lassen...
Sollte jemand in dieser Kolumne Zynismus entdecken, herzlichen Glückwunsch, das war ein Volltreffer...
Cerberus